Dr. med. Frank Schiefelbein informiert über Prostataerkrankungen

Veröffentlicht: 14. Mär 2017  | Tags: Urologie, Ärzte, Allgemein

Artikel aus der Beilage „Männergesundheit“ Main-Echo vom 22.2.17

Prostata: Therapiemöglichkeiten bei gutartiger Vergrößerung des Organs und neue Wege in der Krebstherapie

Bei einem jungen Mann ist die Prostata etwa so groß wie eine Walnuss. Im Laufe der Jahre kann das Organ, das für die Ernährung der Spermien ein Sekret produziert, bis auf die Größe einer Pampelmuse anwachsen. Die Harnröhre wird eingezwängt, die Blase lässt sich kaum mehr entleeren. Und zur »Problemzone des Mannes« kann das Organ noch aus anderem Grund werden: Jährlich erkranken in Deutschland 67 000 an Prostatakrebs – damit handelt es sich um die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Dr. med. Frank Schiefelbein, Chefarzt der urologischen Abteilung an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg, informierte nun auf Einladung einer großen, deutschen Krankenkasse in Würzburg über Neues zur Vorsorge, Diagnostik, zur medikamentösen Therapie und zu operativen Techniken bei Prostataerkrankungen. Die Urologie an der Klinik gilt seit vielen Jahren als führend in der Therapie von Tumorerkrankungen. Vor allem die Weiterentwicklung minimal invasiver operativer Techniken mit dem so genannten Da-Vinci-System verschaffte der Abteilung überregionale Bedeutung.

Wachstum einschränken

Die Prostata – zu Deutsch Vorsteherdrüse – liegt unterhalb der Harnblase. Durch ihre Mitte verläuft der Anfangsteil der Harnröhre. An die Rückseite der Prostata grenzt der Mastdarm. Hindurch verläuft außerdem der Spritzkanal, durch den während der Ejakulation rund 70 Prozent des Ejakulats fließen – und zwar aus Nebenhoden und Bläschendrüse. Und die übrigen 30 Prozent? Produziert wird in der Prostata ein Sekret, das bei der Ejakulation in die Harnröhre abgegeben wird. Es vermischt sich hier mit den Spermien, um deren Überlebenschancen zu erhöhen. Eine gutartige Vergrößerung der Prostata ist dabei nicht ungewöhnlich. Das zunächst rund 20 Gramm schwere Organ nimmt im Laufe der Jahre bei rund 90 Prozent der Männer an Volumen zu. Nicht selten führt das zu Problemen beim Wasserlassen. Als »stärkste Waffe« in der Therapie bezeichnet Schiefelbein im Ernstfall Kombipräparate aus Alphablockern und Finasterid. Alphablocker bewirkten, dass sich der Blasenhals entspannt. Und Finasterid beeinflusst den Hormonhaushalt, dadurch wird das Wachstum der Prostata eingeschränkt. Eine Verkleinerung um bis zu ein Drittel sei möglich.

Minimalinvasiver Eingriff

Reichen Medikamente nicht aus, kann ein minimalinvasiver Eingriff erforderlich werden: Der Arzt führt über die Harnröhre ein Instrument bis zur vergrößerten Prostata ein, trägt Wucherungen mit Hilfe einer elektrischen Schlinge ab und entfernt sie über die Harnröhre. Vorteil laut Urologe Schiefelbein: Es liegt gleichzeitig ein Gewebebefund vor. Nachteil: Da die Prostata ein stark durchblutetes Organ ist, könne es zu Blutungen und Nachblutungen kommen. Als schonendere Alternative nennt Schiefelbein deshalb eine Gewebeentfernung mittels Grünlichtlaser. Eingeführt wird ebenfalls über die Harnröhre, durch eine Bestrahlung verdampft die Wucherung. Ein Blutungsrisiko bestehe nicht. Eine neue, besonders schonende operative Technik ist laut dem Experten schließlich das UroLift-Verfahren. Dabei wird das überschüssige Prostatagewebe durch Verankerung mehrerer Fäden zur Seite gedrängt. Fäden und Anker bleiben im Gewebe. Prostatagewebe muss weder entfernt noch zerstört werden. Die Operation dauere nur rund 20 Minuten und sei in Regionalbetäubung möglich, sagt Schiefelbein. So viel zur gutartigen Prostatavergrößerung.

Wie aber wird heute das Prostatakarzinom behandelt? Mit 26 Prozent ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Allerdings sterben mehr Männer an Lungen- oder Dickdarmtumoren. »Wir können Prostatakrebs gut heilen«, sagt Schiefelbein und spricht von einer Zehn-Jahres-Überlebensrate von bis zu 90 Prozent. Das mittlere Erkrankungsalter liege bei 67 Jahren, erkranken können aber auch wesentlich jüngere Männer. Trotzdem bezeichnet der Urologe das Alter als größtes Risiko. Erbliche Faktoren spielen eine Rolle – etwa Ernährung und Lebensstil: Mediterrane Kost, viel trinken, wenig Alkohol und kein Übergewicht seien die beste Prävention. Vorsorgeuntersuchungen empfiehlt der Experte ab einem Alter von 45 Jahren – und bei erhöhtem Risiko ab 40 Jahren. Untersucht wird rektal durch Abtasten, das dauere nur wenige Sekunden, beruhigt der Mediziner. Auch bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Kernspintomographie werden angewandt. Und ein wichtiger Indikator in der Diagnostik ist der so genannte PSA-Wert. Dieser Tumormarker liefert laut Schiefelbein zwar keine hundertprozentige Sicherheit, ist aber ein wichtiger Anhaltspunkt, denn entwickelt ein Patienten einen Tumor, steigt der PSA-Wert nicht selten überproportional. Bei der Vorsorge empfiehlt der Urologe eine Kombination aus Abtasten, hochauflösendem Ultraschall und PSA-Wert-Bestimmung. Bei Verdacht auf Veränderungen erfolgt in der Regel eine Stanzbiopsie der Prostata, um in verschiedenen Arealen Gewebe zu entnehmen. Das geschieht laut dem Experten in der Regel in Lokalanästhesie- und im Idealfall für den Patienten schmerzfrei. »Wir wissen heute: Nicht jeder Tumor muss sofort operiert und noch nicht einmal sofort behandelt werden«, sagt Schiefelbein. Wichtigster Indikator ist dabei erneut der PSA-Wert. Bei niedrigen Werten reicht eine vierteljährliche Überwachung. Bei einer Verschlechterung, sprich Tumorwachstum, wird operiert oder bestrahlt. Eine Bestrahlung von außen erfolgt heutzutage von mehreren Seiten. Möglich ist heute zudem eine interne Strahlentherapie (Brachytherapie). Dabei werden strahlende Körperchen in die Prostata eingebracht und wirken dann von dort aus ein Jahr lang. Bei einer schweren Erkrankung schließlich empfehlen Mediziner die radikale Prostatovesikulektomie, bei der die Prostata komplett und die Lymphknoten entfernt werden. Therapieziel ist dabei neben der Tumorkontrolle, beziehungsweise der Heilung, auch der Potenzerhalt. Früher geschah die Operation mit offenem Schnitt – heute als minimalinvasiver Eingriff. Und inzwischen hält die robotische Chirurgie zunehmend Einzug in die OP-Säle.

Da-Vinci-System

In der Missionsärztlichen Klinik wird mit dem so genannten Da-Vinci-System gearbeitet. Der Operateur steuert den Roboter von außen, ihm steht ein hochauflösendes, bis zu 15-fach vergrößerbares Livebild der Prostata zur Verfügung. Eine Zielsetzung: Der Potenzerhalt, das heißt, die Gefäßnervenbündel dürfen nicht beschädigt werden. Einige weitere Vorteile des schonenden Verfahrens: Der Blutverlust ist gering, es kann meist auf einen Harnkatheter verzichtet werden, die Patienten sind schneller wieder mobil. Und Bewegung herrscht auch auf dem Medikamentenmarkt: Schiefelbein nennt in dem Zusammenhang Abirateron und Enzalutamid – zwei Mittel, die beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom eingesetzt werden wenn die Hormonentzugstherapie nicht mehr wirkt. Die Ansprechrate sei hoch. Im metastasierenden Stadium könnten der weitere Verlauf gestoppt, die Lebensqualität verbessert und die Lebensdauer erhöht werden. Zudem verweist der Urologe auf die Alpharadin-Therapie, ein neuartiges Medikament gegen Prostatakarzinommetastasen im Knochen.

Michaela Schneider

Artikel aus der Beilage "Männergesundheit" Main-Echo 22.2.17 - Seite 1
Artikel aus der Beilage "Männergesundheit" Main-Echo 22.2.17 - Seite 2


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